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CUSANUS TRÄGERGESELLSCHAFT TRIER MBH: AUS DEN EINRICHTUNGEN Im Haus auf dem Wehrborn in Aach ist neben dem Fortbil- dungszentrum auch das Jugendhilfezentrum eingerichtet. In 12 Wohngruppen leben aktuell insgesamt 84 Kinder- und Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren, die hier aus kri- senhaften Lebenssituationen aufgefangen werden. 2001 begann Michael Fujishige als Erziehungsleiter in der Jugendhilfeeinrichtung und bildet seit fünf Jahren als Pädagogischer Leiter gemeinsam mit dem Kaufmännischen Direktor Stefan Mathy die Einrichtungsleitung in Aach. Da- bei ist er nicht nur für die konzeptionelle pädagogische Weiterentwicklung der Jugendhilfeeinrichtung zuständig, sondern auch für die Fort- und Weiterbildung der Mitarbei- tenden sowie das Qualitätsmanagement. Michael Fujishige und seinem Team ist es wichtig, die jungen Menschen im Haus auf dem Wehrborn so optimal wie möglich auf dem nicht immer ganz einfachen Weg zu einem eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Leben zu unterstützen. an Michael Fujishige Wie ist die pädagogisch-therapeutische Ausrichtung in Ihrer Jugendhilfeeinrichtung? In unserer Einrichtung werden Kinder und Jugendliche aufge- nommen, die aufgrund erlebter Vernachlässigung, Misshand- lung oder Missbrauch einen Mangel an emotionaler Zuwendung, nicht ausreichende Anregung und Förderung ihrer motorischen, geistigen, emotionalen und sozialen Fähigkeiten erlebt haben und deren problematisches Sozialverhalten (z. B. Weglaufen, Schulabstinenz, selbstverletzendes Verhalten) ein Verbleiben in der Ursprungsfamilie oder anderen Helfersystemen unmöglich macht. Sie haben wenig Vertrauen in eigene Ressourcen und können sich nur schwer auf Beziehungsangebote einlassen. Da sie zahlreiche Beziehungsabbrüche erlebt haben, sehen sie die Erwachsenen als wenig verlässliche Partner an und testen dadurch ständig die Belastbarkeit der Beziehung zu den Bezugs- personen. Regeln und Grenzen anderer werden nicht geachtet. Teilweise werden wahllos Beziehungen und Freundschaften ein- gegangen, die jedoch nicht von Bestand sind. Unsere Einrichtung bietet ein sozio-, milieu- und ver- haltenstherapeutisch orientiertes Setting, das unter der Berücksichtigung der bisherigen Biogra e des Kin- des und Erkenntnissen der Kinder- und Jugendpsy- chiatrie einen sicheren Ort bietet, wo gemeinsam mit dem Kind Ressourcen und Fähigkeiten entdeckt und alternative Verhaltensweisen eingeübt werden. Die Eltern werden in den Prozess aktiv einbezogen. Nur wenn alle Beteiligten sich aufeinander einlassen (dies inkludiert die Eltern im hohen Maße), können tragfähige Beziehungen aufge- baut werden, die ein weiteres Schei- tern in einer Institution verbunden mit einem weiteren Beziehungsab- bruch verhindern können. Was bedeutet dies konkret für die Kinder und Jugendlichen? Die soziale Umgebung wirkt sich auf einen gelingenden Alltag positiv oder negativ aus. Diese Erkenntnis lässt sich zu päda- gogischen Zwecken nutzen. Um unseren Kindern und Jugendli- chen soziales Lernen und den Erwerb von Alltagskompetenzen, die zur Stabilisierung notwendig sind, zu ermöglichen, gestal- ten wir daher ein dafür geeignetes Lern- und Übungsfeld im Alltag. Die soziale Wirklichkeit, also der Alltag innerhalb der Wohngruppen mit all seinen Herausforderungen, wird bewusst für Veränderungsprozesse genutzt. In einem soweit als möglich »normalen« und »förderlichen« Milieu, sollen unsere Kinder und Jugendlichen soziale Regeln, Umgangsformen und Alltags- kompetenzen erwerben. Es geht um die gezielte Auseinander- setzung mit dem Normalen, die Beschäftigung mit alltäglichen Bedürfnissen, Regeln und Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Einschränkungen im sozialen Milieu der Gruppe. Konkret bedeu- tet dies zum Beispiel, dass die Kinder und Jugendlichen in den Wohngruppen die Zubereitung von Frühstück und Abendessen (Mittagessen an schulfreien Tagen und am Wochenende) selbst übernehmen, die Reinigung des Wohnbereiches und der eigenen Zimmer sicherstellen. Welche Entwicklungen sehen Sie für die Zukunft der Jugendhilfe im Haus auf demWehrborn? Unsere Einrichtung unterliegt einer permanenten Weiterent- wicklung. Unsere Konzepte werden im Alltag geprüft und ggf. angepasst oder verändert. Zweijährlich werden die Konzepte in einer Teamsitzung besprochen und ergänzt. Hierdurch entwi- ckelt jedes Team und somit jede Gruppe ein eigenes Pro l. Dies ermöglicht den Mitarbeitenden eine höhere Identi kation mit ihrer Aufgabe. Berücksichtigt werden von uns Entwicklungen in der Ju- gendhilfe, wenn es darum geht, neue Angebote zu planen und zu etablieren. Oft sind die schnell konstruierten Angebote eher kurzlebig. Deshalb folge ich neuen Trends hierbei nicht blind, sondern prüfe genau, ob wir uns der Thematik und der damit verbundenen Fragen annehmen sollen. In diesem Kontext ist die Neueröffnung der Flexi- blen Tagesgruppe Cusanus Plein im Haus St. Anton in Plein zu nennen. Hier haben wir der sozialräum- lichen Orientierung der Jugendämter durch eine konzeptionelle Erweiterung des ursprünglichen Tagesgruppenangebotes Rechnung getragen. Die Hilfeleistungen nden jetzt nicht nur statisch in der Tagesgruppe statt, sondern wir begleiten die Kinder und Jugendlichen ebenfalls im fami- liären Umfeld bzw. in der Schule. Interview: Anja Thinnes, Foto: Anne Kranz Michael Fujishige ist Päda- gogischer Leiter des Jugend- hilfezentrums Haus auf dem Wehrborn. 3 FRAGEN 30

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