CTT
Altenhilfeeinrichtungen empfohlen wurde, die Patientenverfü- gungen ihrer Bewohner auf die Frage hin zu überprüfen, ob eine intensivmedizinische Behandlung und insbesondere eine künstliche Beatmung ausgeschlossen wurde. Gegebenenfalls sollte mit den Bewohnern bzw. ihren Betreuungspersonen ge- klärt werden, ob der in der Patientenverfügung festgelegte Ausschluss einer künstlichen Beatmung auch bei einer Infekti- on mit dem Coronavirus gelten sollte. Diese Stellungnahme und die Prozessbeschreibung wurde von beiden Trägern implemen- tiert und von den Altenhilfeeinrichtungen umgesetzt. Überdies bot die ZEK beiden Trägern und ihren Einrich- tungen an, für die Unterstützung bei ethisch schwierigen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Behandlung von Covid-19-Patienten eine Beratung einzurichten, die rund um die Uhr erreichbar ist und im Folgenden unter dem Namen der »Ethik-Hotline« firmiert und weiterhin aktiv ist. Dieses An- gebot wurde von Einrichtungen beider Träger verschiedentlich genutzt. Zu einem ebenfalls wichtigen Thema entwickelte sich die Frage, wie gegebenenfalls bei nicht ausreichenden intensivme- dizinischen Behandlungskapazitäten in der Coronavirus-Pande- mie zu entscheiden ist. Dieses Thema und der Entscheidungs- modus der Triage wurden in der ZEK intensiv diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussion flossen in den Entwurf zu einer diesbezüglichen Stellungnahme des Ethikrats Katholischer Träger von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen im Bistum Trier (EKT) ein. Die Überlegungen wurden schließlich in Form eines Buches »Covid-19: Ethische Empfehlungen über Beginn und Fortführung einer intensivmedizinischen Behandlung bei nicht ausreichenden Behandlungskapazitäten« veröffentlicht. In zwei Punkten weichen die Empfehlungen von denjenigen mehrerer Fachgesellschaften ausdrücklich ab: Zum einen darf nach Auffassung der ZEK (und des EKT) die Fortführung ei- ner bereits begonnenen Beatmung bei einem Patienten nicht beendet werden, wenn weitere Patienten hinzukommen, die aufgrund ihres Alters oder ihres gesundheitlichen Gesamtzu- standes eine bessere Prognose aufweisen. Zum anderen soll für die Entscheidung über die Fortführung einer bereits begonne- nen intensivmedizinischen Therapie einschließlich Beatmung ausschließlich das Kriterium der medizinischen Indikation für den behandelten individuellen Patienten, nicht jedoch bereits vorher definierte »Behandlungserfolge« herangezogen werden. Diese Auffassungen machten sich beide Stiftungen zu eigen, indem sie die Empfehlungen in ihren Einrichtungen implemen- tierten. Die Empfehlungen sind auf dem Internet-Portal des Ethik-Instituts an der PTHV kostenlos erhältlich. Die Coronavirus-Pandemie zwang die ZEK dann auch, die für das Jahr 2020 vorgesehene Fortbildungsveranstaltung »Pra- xis trifft Politik – In Sorge um eine angemessene Gesundheits- versorgung« absagen zu müssen. Der Hauptreferent Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein und Mitglied des Deutschen Bundestages, hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, im Jahr 2021 erneut für die Fortbildungsveranstaltung der ZEK zur Verfügung zu stehen. Diese Veranstaltung fand am 28. April unter gleichem Titel als Online-Video-Konferenz statt. Die ZEK hat sich zudem intensiv mit dem Urteil des Bun- desverfassungsgerichts vom 26.02.2020 zur geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung beschäftigt. Vor dem Hintergrund entsprechender Anfragen von Bewohnern und Patienten wur- de von mehreren Einrichtungen beider Träger eine klärende Stellungnahme zu den Konsequenzen aus dem Urteil erbeten. Da diese Fragestellungen für alle kirchlichen Träger von Ge- sundheits- und Sozialeinrichtungen relevant sind, wurde eine Stellungnahme schließlich durch den EKT verfasst, in der die Ergebnisse der Diskussion in der ZEK berücksichtigt wurden. In gleicher Weise wurde mit dem Thema der Kontaktbeschränkung im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie verfahren; dieses Thema und die diesbezüglichen Berichte aus den träger eigenen Einrichtungen wurde ebenfalls in der ZEK ausführlich diskutiert und die Ergebnisse schließlich wegen ihrer träger übergreifenden Bedeutung in eine Stellungnahme des EKT einbezogen. Die ZEK hat beschlossen, Erfahrungsberichte über behördlich verordnete Kontaktbeschränkungen und Strategien einer Kontaktermöglichung in den Einrichtungen der Träger zu sammeln und besonders die ethisch relevanten Fragestellungen festzuhalten, damit das gewonnene Erfahrungswissen weiter- gegeben werden kann und kritische Punkte gegebenenfalls mit den Trägern diskutiert werden können. Die ZEK hat das Thema einer ethisch angemessenen Do- kumentation von Therapiebegrenzungen im Krankenhaus er- neut aufgegriffen. Es wurde ein entsprechender Dokumentati- onsbogen entwickelt, der über die Träger den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden soll. Im Rahmen dieser Arbeit setzte sich die Auffassung durch, dass über die Dokumentation hinaus auch eine eigene Empfehlung zu einer strukturierten Entscheidungsfindung bei Therapiebegrenzung für die Einrich- tungen erarbeitet werden soll. Der bereits erstellte Dokumenta- tionsbogen soll in diese Empfehlung integriert werden. Ein Kernstück der Arbeit der ZEK im Jahr 2020 war über- dies die Fertigstellung des von der ZEK erarbeiteten Konzepts »Strukturen und Instrumente der Ethikberatung in den Ein- richtungen und den Arbeitsbereichen der Hildegard-Stiftung und der Marienhaus Stiftung«. Dieses Konzept wurde im Jahr 2020 von beiden Trägern genehmigt und in die Arbeit der Trä- ger implementiert. Ein wesentlicher Baustein dieses Konzepts besteht in der Bildung eines »Netzwerk Ethik«, in dem alle Sparten und Einrichtungen der Träger vertreten sein sollen. Das Netzwerk Ethik dient dem Ziel, trägerweit eine inhaltlich einheitliche Ethik-Beratung zu gewährleisten, redundante Ar- beiten zu vermeiden, Synergien bei der Ethikarbeit zu erzielen und die Ethikarbeit der Einrichtungen untereinander und mit der ZEK und dem Ethikbeauftragten der Träger zu strukturie- ren und abzustimmen. Aufgrund der gegenwärtigen unterneh- merischen Entwicklungen in beiden Trägern wird ein solches Netzwerk Ethik jeweils für den Bereich der Hildegard-Stiftung und der Marienhaus Stiftung getrennt errichtet. Ein geplantes erstes Netzwerk-Treffen im November 2020 hat das Coronavirus verhindert. Mittlerweile hat das Auftakt-Treffen des Netzwerk Ethik am 29. März 2021 als Online-Video-Konferenz stattfinden können (vgl. spectrum-Beitrag auf Seite 47). Im Jahr 2020 beriet die ZEK über zwei Voranfragen für kli- nische Prüfstudien und wurde in die Begutachtung von Prüf- studien, die der Kommission Klinische Prüfung der Marienhaus Holding vorlagen, konsultierend eingebunden. Prof. Dr. Dr. Thomas Heinemann, Foto: Axel Kohlhaas ETHIK 48
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